Tracht des Amtes Blankenstein

Vorstellung

Die Blütezeit dieser alten Tracht lag lange vor der Jahrhundertwende zum 20. Jahrhundert. Die Entstehung der Tracht rechnet man der Nachreformationszeit zu. Von alten Gemälden weiß man, dass die Schneppekappe, die charakteristische Kopfbedeckung, wohl ihren Ursprung in der italienischen Mode aus dem Anfang des 16. Jahrhunderts gehabt haben muss.

Frauentracht

Die Tracht besteht aus den folgenden Teilen:

  • Schneppekappe
  • Trachtenkleid (Samtmieder und gefältelter Rock zu einem Kleid zusammengenäht)
  • Samtbruststecker, gestickt
  • Samtstauchen (schwarze Ärmelstücke), bestickt
  • gefältelte Schürze mit gesticktem Samtschürzenband
  • weißes Leinenhemd mit Glockenärmeln
  • Halbrock (Unterrock oder „Büffel“)
  • Quast, weiße Halsschleifen aus feinem Leinen
  • weiße, handgestrickte Strümpfe
  • Strumpfbänder geflochten
  • Stocktuch
  • Schuhwerk
Frau in der Tracht des Amtes Blankenstein
Frau in der Tracht des Amtes Blankenstein
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Kopfbedeckung (Schneppekappe)

Tracht des Amtes Blankenstein Kopfbedeckung
Tracht des Amtes Blankenstein Kopfbedeckung
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Die Schneppekappe ist wohl das charakteristischste Merkmal der Tracht. Sie hat eine schnabelförmige Form, wobei streng darauf geachtet werden sollte, dass die Spitze der Haube genau über dem Nasenbein der Trägerin sitzen muss. Die Haube besteht aus einem Mittelstück zwischen 38 und 45 cm und aus zwei Seitenteilen von jeweils 15 – 18 cm Länge. Sie wurde aus Samt gearbeitet und mit Pappe verstärkt, so dass sie ihre Form wahren konnte. Die Haube wurde im vorderen Bereich sowie an den Seitenteilen mit schöner Spitze aus Baumwolle, Seidenband oder ähnlichem eingefasst. An den Enden der Seitenteile wurden Satinbändern angebracht, die man zum festlichen Anlass lose fallen ließ. Beim Kirchgang konnten diese auch unter dem Kinn gebunden werden.

Haartracht

Die Haartracht war so angelegt, dass die Haare glatt nach hinten gekämmt wurden. Dann flocht man, von der Mitte des Hinterkopfes ausgehend, zwei Zöpfe. Deren Enden wurden mit Baumwollbändern verstärkt. Diese Enden wurden dann an der Schürze befestigt. Es war verpönt, die Haare unter dem vorderen Teil hervorschauen zu lassen. Heute verwenden wir, um ein möglichst originales Bild zu geben, künstliche Zöpfe in der Haarfarbe der jeweiligen Trägerin, die am Oberkopf befestigt werden. Die Haare sind streng nach hinten zu kämmen, es darf kein Haar hervorschauen.

Hemd

Eine weitere Besonderheit stellt das Leinenhemd mit den Glockenärmeln dar. Vorder – und Rückenteil des Hemdes wurden aus einem Stück geschnitten. In die Seiten wurden die abfallenden Stücke als Zwickel wieder in umgekehrter Weise angesetzt. So wurde das fertige Hemd an der Unterseite viel breiter als oben. Der Halsausschnitt wurde rund ausgeschnitten. Am Hals wurde an der Vorderseite ein Schlitz, ca. 25 cm, eingearbeitet, damals ohne, heute mit Verschluss, ohne jegliche Stickerei. Die Länge des Hemdes betrug ca. 80 – 90 cm. Später ging man dazu über, einen runden Kragen auf das Hemd zu nähen. Ab hier wurde auch der Schlitz der Vorderseite mit Knopf und Öse geschlossen. Für die Glockenärmel wurde ein rechteckiges Stück Stoff (ca. 40 – 50 cm breit und lang) an einer Seite in der Mitte fein aufgereiht. Ca. 15 cm blieben jeweils an den Seiten ungereiht. Dann wurde dieser Ärmel, an der Unterseite unter dem Arm noch mit einem kleinen Zwickel versehen. So entstand ein recht bequemes Kleidungsstück, welches die Bewegungen der Trägerin problemlos mitmachte. Es befanden sich keinerlei Stickereien auf den Hemdärmeln. Das Hemd wurde rein weiß und ohne Schmuck getragen.

Stauchen

Tracht des Amtes Blankenstein Stauchen
Tracht des Amtes Blankenstein Stauchen
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Die Stauchen, zwei bestickte Ärmelstücke unter dem Glockenärmel des Hemdes hervorschauend, waren ebenfalls aus Samt gearbeitet. Die Innenseite wurde mit Leinen besetzt, der fast den gesamten Arm nach oben hin bedeckte. Die Stauchen wurden später auf diesen Leinenärmel dem Arm angepasst aufgebracht. Dies geschah allerdings so, dass der Ellenbogen einen besonderen Abnäher erhielt, damit das Armgelenk beweglich blieb. Sie gingen nicht bis zum Handgelenk sondern wurden eher als 3/4 lange Ärmel getragen. Man bestickte die Stauchen mit derselben Stickerei wie das Schürzenband und den Bruststecker. Die Stauchen wurden in früherer Zeit mit Bändern über Schulter und Rücken befestigt. Oft wurde auch noch ein gewebtes Band an den Stauchenrand genäht, damit die Tracht noch schmucker wirkte.

Brusttuch

Tracht des Amtes Blankenstein Brusttuch
Tracht des Amtes Blankenstein Brusttuch
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Das kunstvollste Merkmal der Tracht ist das wunderschöne Brusttuch, auch Bruststecker genannt. Hier entfaltete sich die Stickkunst seiner Trägerin. Der Stecker wurde in die Schnürung des Leibchens eingebracht. Damit füllte man den weißen Zwischenraum zwischen den beiden Enden des Oberteils des Kleides. Es hatte früher die Form eines Trapezes. Heute ist man dazu übergegangen ein Rechteck zu nehmen. Die Maße sind ca. 30 x 25 cm. Der Bruststecker wurde aus Samt gearbeitet. Man bestickte ihn kunstvoll mit Lebensbaum, Tulpen, Nelken, Granatapfel, Ranken usw. Oft wurden auch die Initialen der Trägerinnen eingearbeitet. Danach wurde er von der Rückseite abgefüttert und der Stecker fertig genäht. Oft wurde auch hier an der Steckeroberkante eine gewebte, bunte Borte, immer gegengleich zu Schürzenband und Stauche, angenäht. Besonders wichtig war es, dass dem Alter der Trägerin entsprechend die Farben angepasst wurden. So trug eine ältere Frau niemals rote Farben, sondern sie trug zunächst grün und lila, später rein schwarz.

Unterrock Büffel

Tracht des Amtes Blankenstein Unterrock
Tracht des Amtes Blankenstein Unterrock
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Als Unterrock wurde ein so genannter „Büffel“ getragen. Büffel war ein besonders weicher Wollstoff. Er war ebenfalls wie das Obergewand aus einem Stück genäht, d.h. aus Rock und Mieder. Man fütterte den Unterrock mit leichtem Leinenstoff ab. Der Büffel saß recht knapp, damit er nicht noch zusätzlich auftrug. Heute sind die Trachtenträgerinnen dazu übergegangen, einen Halbrock als Unterrock aus leichtem Baumwollstoff zu tragen, wobei die Jüngeren einen roten und die Älteren einen grünen Unterrock tragen.

Strümpfe

Die Strümpfe wurden aus gesponnener Schafwolle gestrickt. Im Sommer können auch weiße Baumwollstrümpfe getragen werden. Kniestrümpfe sind wegen der Rocklänge angemessen. Sie wurden mit den Strumpfbändern gehalten. Das sind geflochtene Bänder mit „Bommeln“ an den Enden. Die wurden um das Bein unterhalb des Knies gebunden und hielten den Strumpf.

Quast

Tracht des Amtes Blankenstein Quast
Tracht des Amtes Blankenstein Quast
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Der Quast sieht immer ein wenig nach „Pastor“ aus. Er bestand aus 2-3 cm breiten weißen Schleifen und war aus feinem Leinenstoff. Diese wurden unter den Kragen des Glockenärmelhemdes gebunden. Stark gestärkt wurden sie dann kunstvoll in Schleifen gelegt. Die Enden eines solchen „Brustbennels“ waren oft mit weißen Stickereien verziert. An hohen Festtagen wurde der Doppelquast getragen. Die Schleife war lag dann zwischen 15 – 20 cm über dem Hemd der Trägerin.

Rock

Tracht des Amtes Blankenstein Rock
Tracht des Amtes Blankenstein Rock
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Das kostbarste Kleidungsstück der Blankensteiner Tracht ist der schwarze Faltenrock aus Beiderwand mit dem angenähten Mieder aus Samt. Für einen solchen Rock benötigte man mindestens 5 m Beiderwandstoff. Beiderwand war handgewebt aus Wolle und Leinen, damit sehr strapazierfähig. In diesen Rock wurden nun von Hand Falten eingereiht, wobei die Einzelfalte ca. 1,5 cm tief war. Wichtig war aber, zuvor am Saumrand einen so genannten „Strahl oder Stoß“ anzubringen, d.h, das Saumende wurde mit weißem feinem Leinenstoff abgefüttert. So vermied man, dass die Strümpfe die Farbe des Beiderwandrockes annahmen, insbesondere bei Regen und Nässe. Die Länge des Rockes war so angelegt, dass er ca. 10 cm über dem Fußgelenk endete. Auf einer Seite des Rockes wurde eine Tasche eingenäht, die „Girrntasche“. Das Miederteil des Rockes wurde aus Samt gefertigt. Es wurde nicht direkt nach Maß angefertigt und war aus einem Stück geschnitten. Über die Schultern wurden Träger geschnitten, die ca. 4-6 cm breit waren. Die Seitenteile des Vorderteiles lagen ca. 10 – 15 cm auseinander. Trotz dieses weiten Brustausschnittes wurden beide Teile jedoch durch eine Seidenkordel fest miteinander verschnürt und dann später der Bruststecker dort hineingesteckt. Die Schnürung erfolgt mittels Haken und Ösen. Abgefüttert war das Leibchen immer mit Leinen oder Baumwollstoff. Als Zierrat und auch besonderes Erkennungsmerkmal der Tracht wurden im Rücken gewebte Satinbänder mit Muster aufgenäht. Hier achtete man streng darauf, dass die Blankensteiner Tracht die Bänder im weiten Halbbogen von der Taille herkommend in Richtung Ärmelausschnitt aufsetzte. Außerdem nähte man links und rechts an den Enden der vorderen Seitenteile auch die gleiche Borte wie auf den Rücken auf.

Schürze

Tracht des Amtes Blankenstein Schürze
Tracht des Amtes Blankenstein Schürze
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Die Schürze war ca. 50 – 85 cm lang und ca. 1,45 bis 1,70 m breit und wurde zusammengereiht und gefältelt auf 40 – 80 cm. Heute lässt man die Schürze mit dem Rock abschließen. Die Schürze war unerlässliches Requisit, da der Beiderwandrock vorne nicht gefältelt war und offen stand. Er wurde mit der Schürze bedeckt. Ohne dieses wichtige Kleidungsstück durfte keine Frau auf die Straße gehen. Die Schürze wurde gehalten von einem Schürzenband, gefertigt aus Samt, und über und über bestickt im Muster des Bruststeckers und der Stauchen. Bei kirchlichen Anlässen trug man eine schwarze Schürze und bei weltlichen Anlässen eine dunkelblaue Schürze aus gewachstem Baumwollstoff. Die Stickereien waren meist Symbole aus der Natur, wie Tulpen, Vögel, Granatapfel, Vergissmeinnicht, aber auch Herzen mit Vögeln. Viele Trägerinnen verzierten ihre Trachtenteile mit wundervollen Stickereien aus Silberfäden. Das Schürzenband war ca. 5-8 cm breit. An dieses Band, das der Schürzenbund war, wurde dann das gefältelte Schürzenteil angenäht. Die Rückseite des Bandes wurde dann mit Baumwollstoff abgefüttert. Die Enden des Schürzenbandes wurden mit langen Satinbändern versehen. Sie dienten zum Binden der Schürze. Die Bänder wurden in eine große Schleife gelegt und die Enden hingen ordentlich über dem gefältelten Rock. Für schwerere Arbeiten trug man eine weiße Leinenschürze, insbesondere bei der Ernte im Sommer. Die weit geschnittenen Schürzen wurden über den Knien und in der Taille gebunden, damit sie nicht nach vorne verrutschen konnten.

Stocktuch

Tracht des Amtes Blankenstein Stocktuch
Tracht des Amtes Blankenstein Stocktuch
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Weiterhin gibt es zu unserer Tracht das so genannte „Stocktuch“, ein in den Ecken besticktes Tuch. Dieses Tuch trug man über den Nacken gelegt so, dass die Enden sich in die Schürze einstecken ließen. Oder aber man führte sie vom Nacken über die Brust wieder zum Nacken und verknotete sie dort. Besonders an Festtagen komplettierte dieses Tuch die Tracht. Die Stickereien waren auf die übrigen Stickteile der Tracht in Farben und Muster abgestimmt.

Schuhe

Tracht des Amtes Blankenstein Schuhe
Tracht des Amtes Blankenstein Schuhe
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Als Schuhwerk wurden früher schwarze flache Lederschuhe, welche über einen Leisten gearbeitet waren, getragen. Wir tragen heute sogenannte Ballerinas, ohne jeglichen Schmuck, als Schuh zu der Tracht.

Männertracht

Man in der Tracht des Amtes Blankenstein
Man in der Tracht des Amtes Blankenstein
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Quellenverzeichnis

  • Wie sei mer da gemostert. Bezirk Mitte der HVT. ISBN 3-00-014970-8 HVT
    Seite 27 bis 36

Literaturempfehlungen

  • Wie sei mer da gemostert. Bezirk Mitte der HVT. ISBN 3-00-014970-8 HVT

HVT-Gruppen mit Tracht des Amtes Blankenstein

Anneliese Müller

Trachten- und Brauchtumsgruppe Weidenhausen
Anneliese Müller
muellerannie@t-online.de

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