Kurzbeschreibung

Erntezeit bedeutet Leben auf dem Feld. Viele Erntehelfer sind notwendig, um alle Früchte einzufahren. Am Ende der Arbeit wartet dafür nicht nur der Lohn für die erbrachte Leistung, sondern auch die Dankbarkeit des Bauern. Und diese Dankbarkeit bringen Bauern in unterschiedlicher Form zum Ausdruck. Die Bräuche, die sich hierbei im Odenwald entwickelt haben, sind sehr unterschiedlich. Alle folgen jedoch dem Kerngedanken, Danke zu sagen und dafür zu bitten, dass auch die zukünftige Ernte zur Zufriedenheit ausfällt.

Details

Erntedankfest



Die Ernte der ausgesäten Früchte war seit jeher ein ganz wesentlicher Bestandteil des Überlebens und wurde mit entsprechenden Opfergaben an Gott oder den Göttern zum Ausdruck gebracht. Daraus entstand ein Fest der Danksagung das "Erntedankfest". Das christliche Erntedankfest wird bis heute am 1. Sonntag im Oktober gefeiert.

Sichelhenk





Wenn man Überlieferungen glauben kann, wurde das Korn oder der Hafer nicht mit der Sense, sondern mit der wesentlich kleineren und kürzeren Sichel geschnitten. War die Feldarbeit beendet, wurde die Sichel unter großer Anteilnahme des Bauern und der Knechte und Mägde in der Scheune im Gebälk aufgehängt. Dieses Ritual wird als "Sichelhenk" bezeichnet.

Hafermännchen



Ein weiterer Brauch bestand darin, den Hafer spiralförmig von innen nach außen zu schneiden (Rad- oder Schneckenmähen). Der Schnitter ließ dabei die mittigen Ähren stehen oder stellte das erste geschnittene Bündel in der Mitte auf (Hafermännchen oder Haferbobb). Der Schnitt erfolgte von innen nach außen. Die Kreise wurden immer größer. Die Arbeit brauchte nicht unterbrochen werden. Es konnten auch mehrere Schnitter hintereinander schneiden, ohne sich bei der Arbeit im Weg zu sein. Zum Schluss lag der geschnittene Hafer spiralförmig auf dem Acker.
Auf dem Feld wurde die geschnittene Frucht zu Garben zusammengebunden. An der letzten Garbe wurde ein weiteres kleines Bündel waagrecht befestigt, so dass daraus die Form eines Männchens erkennbar war, das "Hafermännchen" oder die "Haferbobb". Das Hafermännchen blieb nach der Ernte auf dem Feld zurück und unter den jungen Burschen begann der Wettstreit, wer die meisten Hafermännchen einsammeln und anschließend verbrennen konnte. Der Sieger wurde zum "Haferkönig" ernannt.

Ähren-Strauß



Der Zahl 7 kommt zur Erntezeit eine große Bedeutung zu. Es wurden die ersten oder die letzten 7 Ähren des Feldes zu einem Strauß zusammengebunden und im Wohnraum des Bauern aufgehängt. Mit der nächsten Aussaat wurden die erhaltenen Körner dem Saatgut beigegeben. Beim Ernten der Frucht ließ man auf einer Ecke des Feldes einen kleinen Teil der Früchte stehen, verbunden mit dem Wunsch, dass im nächsten Jahr die Frucht wieder wachsen möge.

Schmücken des Erntewagens



Ähren wurden zusammen mit Blumen zu einem bunten Strauß oder Kranz gebunden. Der gebundene Strauß wurde auf einem Holzstab befestigt und meist auf dem letzten einfahrenden Erntewagen aufgepflanzt. Der letzte Erntewagen wurde meist mit Zweigen und bunten Bändern heraus geputzt. Sogar die ziehenden Pferde- oder Ochsengespanne erhielten einen entsprechenden Schmuck. Mit fröhlichem Gesang und Peitschenknall begleiteten die Knechte und Mägde den letzten Erntewagen durch das Dorf zum Hofgut.

Erntekrone





Der letzte Erntewagen wurde mit der Erntekrone geschmückt. Die Erntekrone ist ein Geflecht aus Ähren und bunten Feldblumen, die in Form einer Krone gewunden wurde. Unter der Anteilnahme aller Anwesenden befestigte der Bauer die Erntekrone auf einem ebenen freien Platz oder in der Scheune, auch Tenne genannt, an einer Holzstange. Dann wurde zum "Ährnball", dem Ernteball geladen. Lange bunte Bänder, die an der Krone herunter hingen, wurden von den Burschen und Mädchen gepackt und es wurde der Bändertanz getanzt. Mit den bunten Bändern wurde während des Tanzes eifrig Gebilde geflochten.

Staabkräppel



Zum Fest des "Erntedankes" wurde ein immer beliebtes Gebäck gereicht, die so genannten "Staabkräppel". Staabkräppel (Staub-Berliner) waren drei- oder viereckige Gebäckstücke mit einem Mittelschnitt. Ihren Namen erhielten sie dadurch, dass sie während der Ernte- und Dreschzeit immer leicht mit Staub bedeckt waren.

Ehrenfitz'l



Der Erntewagen des Bauern, der seine Ernte als letzter einbrachte, wurde mit dem Ehrenfitz'l geschmückt. Der Ehrenfitz'l wird durch eine Strohpuppe dargestellt, die anzeigen sollte, dass der Bauer nicht mit dem entsprechenden Eifer bei seiner Arbeit war.