Kurzbeschreibung

Die Kirchweih, oder besser die Kerwe oder Kerb, wie die meisten Odenwälder dazu sagen, war bereits früher, und ist es meist auch heute noch, das bedeutendste Fest des Jahres in der dörflichen Gemeinschaft. Das Kerwefest erstreckt sich meist über drei Tage und findet in der Regel von Samstag bis Montag statt. Auf dem Fest wird gefeiert, gesungen, getanzt und gelacht. Hinzu kommen üppiges Essen und Trinken.

Details

Zum Weihetag einer Kirche kamen im Mittelalter viele Menschen zusammen. Nach der liturgischen Feier war Markt und Volksfest. Noch heute findet in vielen Orten die jährliche Kirmes um den Weihetag oder das Patronatsfest statt.

Nun fällt der Namenstag des Kirchenschutzheiligen nicht immer auf das Wochenende. Durch eine besondere Kirchenverordnung, wurde das Fest der Kerb daher auf den Namenstag des darauf folgenden Wochenendes verlegt.

Unabhängig vom konkreten Gedenktag einer bestimmten Kirche, wird mancherorts auch ein allgemeines Kirchweihfest gefeiert, das zumeist als Jahrmarkt im Herbst stattfindet und ebenfalls Kirmes, Kerwe, oder Kerb genannt wird.

Um die Kerb feiern zu können, muss diese geplant werden. Hier finden sich interessierte unverheiratete Jungen zusammen, die die Organisation übernehmen, den Ablauf der Kerb überwachen und die Kerb ausrichten. Bereits eine Woche vor dem Fest beginnt das rege Treiben im Dorf. Es muss gebacken, gekocht und gebraten werden, denn zur eigentlichen Kerwefeier hat man für solche Dinge keine Zeit.

Der Wirt der Dorfschänke hat sich bereits für das kommende Fest mit Getränken eingedeckt. Es könnte nichts Schlimmeres passieren, als dass beim Kerwefest die Getränke ausgehen.
In der Regel wird das Kerwefest im Tanzsaal der Dorfschänke abgehalten.

Kerb ausgraben



Damit die Kerb beginnen kann, muss sie zunächst ausgegraben werden. Die "Kerb ausgraben" heißt, dass ein steinerner Weinkrug oder Weinflasche, gefüllt mit gutem Wein oder Apfelwein, ausgegraben wird, der nach Abschluss der letztjährigen Kerwefeiern unter lautem Wehklagen in einem Loch vergraben wurde. Andere Bräuche besagen, dass eine mit Stroh ausgestopfte Puppe, ein geflochtener, bunt geschmückter Kranz oder Strauß zu Beginn des Kerwefestes unter lautem Singen in den Ort getragen wird.

Der Kerwezug



Der Kerwezug wird vom Kerwepfarrer und seinem Mundschenk angeführt. Junge Burschen und Mädchen folgen mit dem Kerwebaum oder Kerwekranz. Ihnen folgen Phantasiegestalten wie z. B. die Schlumpel, Schimmelreiter, Schornsteinfeger mit Leiter und Bajasse. Der Kerwezug führt durch den farbenfroh mit Birken und bunten Papierbändern geschmückten Ort bis zur Dorfschänke. Dort wird der Kerwebaum oder Kranz als sichtbares Zeichen für die hier stattfindende Kerwefeier aufgestellt oder aufgehängt.

Anekdoten



Der Kerwepfarrer, meist als evangelischer Geistlicher verkleidet, verliest nun aus einem großen dicken Buch Anekdoten, die sich im verflossenen Jahr im Ort zugetragen haben. Dazu besteigt der Kerwepfarrer eine Leiter oder eine Erhöhung. Zwischen den einzelnen Geschichten unterbricht der Kerwepfarrer immer wieder seinen Vortrag mit den Worten: "Kamerad schenk oi, es muss emol getrunke soi!" Anschließend nimmt er einen tiefen Schluck aus dem Weinglas zu sich. Am Ende seines Jahresberichtes angelangt, kommt von ihm der Ausruf: "Wemm is die Kerb?" Die Kerwegemeinde ruft als Antwort laut und vernehmlich: "Unser!" Mit diesem Ausruf sind die Kerwefeierlichkeiten eröffnet. Jung und Alt strömen in den Saal um zu singen und zu tanzen, einfach, um ausgelassen zu sein.

Musik zu Mitternacht



Der Höhepunkt des Kerwefestes um Mitternacht bildet die Teilung der Musik in zwei Gruppen. Während die Streicher im Saal bleiben, begeben sich die Bläser ins Freie. Aus dieser Aufstellung heraus wird im Wechsel Musik aufgespielt. Die jungen Burschen und Mädchen singen und tanzen dazu. Die Musik wird immer weniger bis sie ganz und gar aufhört zu spielen und nur noch das rhythmische Stampfen und Klatschen zu hören ist.

Der Kerwemontag



Der Kerwemontag ist den Ortsansässigen vorbehalten. Während die auswärtigen Gäste den Kerwesonntag ausgiebig mitfeierten, bleiben die Dorfbewohner am Kerbmontag unter sich. Das Tanzen und Singen geht weiter, wenngleich das angesparte Kerwegeld fast aufgebraucht ist. Die Tanzpaare sind weniger, die Musik spielt verhaltender. Langsam klingt die Kerwe aus, oder wie man es im Odenwald ausdrückt: "Es spitzt sich zu". Die Kerwe geht ihrem Ende entgegen.

Schürzenwalzer



Doch auch am Kerwemontag gibt es noch einen Höhepunkt des Festes: Den Schürzenwalzer. Beim Tanzen werden zwei Frauen ihrer Schürzen beraubt und den Männern zugeworfen. Wer eine Schürze fängt und diese sich als erste fertig umgebunden hat, darf mit der Frau seiner Wahl tanzen. Dem Verlierer bleibt nur der Tanz mit dem Reisigbesen. In der zweiten Runde ist es dann umgekehrt. Die schnellste Frau darf mit dem Burschen ihrer Wahl tanzen.

Kehraus



Montag um Mitternacht ist die Kerb zu Ende. Beim Schlagen der Kirchturmuhr wird zum letzten Tanz, dem "Kehraus" aufgespielt. Mit dem Verklingen der letzten Takte der Musik wird der Tanzsaal widerwillig verlassen.

Abschluss



Der Abschluss der Kerwe bildet das Verbrennen der Kerwepuppe aus Stroh oder das Vergraben des Weinkruges. Unter lautem Jammern und Wehklagen wird die Puppe oder der Weinkrug vor den Ort getragen. Die Puppe wird verbrannt, der Weinkrug oder die Weinflasche in einem Loch vergraben bis er zum nächsten Kerwefest wieder ausgegraben wird.

Eckdaten

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Odenwald