Kurzbeschreibung

Wie überall, so auch im Odenwald, haben sich zum Tod vielfältige Rituale mit verschiedensten Schattierungen entwickelt. Diese haben sich stellenweise bis in die Neuzeit erhalten, ohne dass der ursprüngliche Sinn mancher Bräuche unbedingt ergründbar ist.

Details

Das Erbe



Der Odenwälder wusste, dass seine Zeit einmal kommen wird und er Abschied nehmen muß. So legte der Odenwälder zu Lebzeiten Erspartes zurück, dass er am Ende seines Daseins eine "Schöne Leich" hatte, d. h., dass ihm ein besonders schönes Begräbnisfest ausgerichtet werden konnte.

Wichtig im Leben des Odenwälders war es auch, dass "die Sach" (das Erbe) übergeben war, bevor er das Zeitliche segnete.
Die Sach wurde übergeben, wenn der Nachfolger geheiratet hatte und die junge Frau auf dem Hof einzog. Der Altbauer zog sich dann in den "Bau" zurück.

Die "letzte Ehre" erweisen



- Die "Leich" musste "ausgesagt" werden. Außer dem offiziellen Gang zu Kirche und Behörden waren die nahen und entfernten Verwandten von dem Ableben in Kenntnis zu setzen. Die Aufgabe des "Leichenbitters" wurde zumeist von einer männlichen Person des Haushaltes oder zumindest von einem der nächsten Angehörigen übernommen. Die Aufforderung an der kommenden Beerdigung teil zu nehmen, wurde als "zur Leich heißen" bezeichnet.
- War ein Familienmitglied gestorben, wurden sämtliche Uhren im Haushalt angehalten und erst wieder zum Laufen gebracht, wenn die Beisetzung vorüber war.
- Die Fenster wurden geöffnet, um der Seele des Toten das Aufsteigen zu erleichtern.
- Die Spiegel im Sterbezimmer wurden verhängt.
Die Lagerstatt, zumeist aus Stroh, wurde unmittelbar nach dem Ableben der betreffenden Person verbrannt.
- Die Vorratsfässer im Keller wurden geklopft, die Sämereien geschüttelt und die Bienenkörbe gelüftet.
- Die Leiche musste ordentlich und sauber gekleidet den letzten Gang auf dieser Welt antreten. Nach einer gründlichen Waschung wurde die Leiche mit den besten Sonntagskleidern, den Hochzeitskleidern oder einem extra dafür gefertigten Totenhemd, auch Totenmantel genannt, in einem Sarg aufgebahrt. Zum Totenmantel gehörten weiße Kniestrümpfe und ein Halstuch. Die Frau hatte meist zu Lebzeiten ihr Totenhemd noch selbst gesponnen und gewebt. Das fertige Kleidungsstück wurde bis zu ihrem Tode zusammen mit der Hochzeitshaube aufbewahrt.
- Die Aufbahrung erfolgte im Sterbezimmer des Totenhauses.

Die Totenwache



Am Sarg des Verstorbenen wird eine Totenwache eingerichtet. Die Totenwache bestand aus männlichen Nachbarn und nahen Angehörigen. Um den Wächtern die Wartezeit zu verkürzen, wurde ihnen Wein und Speisen gereicht. Es ist überliefert, dass es aufgrund des Alkoholgenusses bei der Totenwache oft recht zünftig zuging. Im Aufbahrungszimmer selbst wurde ein kleines Licht entzündet, das zum Toten hin abgeschirmt wurde. Das Totenlicht wurde nie gelöscht. Es wurde abgewartet, bis es von selbst erlosch.

Die Aufbahrung



Der Tote wurde in einem Sarg aus schwarzem oder dunkelbraunem Holz aufgebahrt. Kinder erhielten einen weißen Sarg. Die vorbestimmten Kleider wurden dem Toten angelegt. Es sogar üblich, Grabbeigaben mit in den Sarg zu legen, meist Dinge die der Verstorbene in seinem Leben lieb gewonnen hatte.
Die Tragegriffe des Sarges wurden mit weißen Tüchern geschmückt. Diese durften die Sargträger nach vollendeter Arbeit behalten. Der Sarg blieb bis zur Einsegnung offen im Aufbahrungszimmer stehen, so dass jeder die Möglichkeit hatte, von dem Toten Abschied zu nehmen. Hatte der Pfarrer seinen Segen erteilt, wurde der Sarg verschlossen und durch die Sargträger aus dem Haus gebracht. Hier war darauf zu achten, dass der Tote mit den Füßen zuerst aus dem Haus getragen wurde, sonst konnte er die ewige Ruhe nicht finden.

Trauerkleidung



Geht man in der Brauchtumsforschung weit zurück, stellt man schnell fest, dass die Farbe der Trauer "weiß" den Vorrang hatte. Erst mit der weiteren Entwicklung setzte sich die Farbe "schwarz" als Farbe der Trauer durch. Die Frauen trugen zum Zeichen der Trauer schwarze Häubchen. Das Schultertuch, in der Umgangssprache auch als das "Freud- und Leidtuch" bezeichnet, wurde mit der dunklen Seite sichtbar nach oben getragen.
Die männlichen Teilnehmer an der Trauerfeierlichkeit waren in schwarz, zumindest aber dunkel gekleidet. Der Dreispitz wurde mit einer schwarzen herunterhängenden Schleife versehen oder der Träger hatte einen Trauerflor an seinem rechten Oberarm befestigt.



Der letzte Gang



Bei einer Beerdigung nahm üblicherweise zumindest ein Haushaltsmitglied des Dorfes an dem Beerdigungszeremoniell teil. Die Totenträger wurden mit Rosmarienzweigen geschmückt. Vom Sterbehaus ging der letzte Gang zum Kirchhof oder Friedhof. Der Kirchhof liegt, wie der Name bereits ausdrückt, direkt an der Kirche und die Kirche bildete den Mittelpunkt des Dorfes. Friedhöfe hingegen wurden meist außerhalb des Dorfes angelegt.
Setzte sich der Trauerzug in Bewegung, wurde die Kirchenglocke geläutet. Hierzu wurden die Ausdrücke „Ausläuten“, "Schaabläuten" oder "Schiedungsläuten" gebraucht. Eine große Erleichterung war es, wenn der Sarg auf einem so genannten "Rungewagen" zum Friedhof gezogen werden konnte. Ein Rungewagen war ein abgerüsteter Bauernwagen, auf dem lediglich noch mittig ein waagrechtes Brett befestigt lag. Auf diesem Brett wurde der Sarg abgestellt. Der Wagen war mit schwarzem Tuch verkleidet. Nach der Beendigung der kirchlichen Zeremonie wurde der Sarg in das Grab hinab gelassen.

Totenkrone



Beim Tod eines unverheirateten Burschen oder Mädchens hatte sich der Brauch erhalten, den Sarg mit einer so genannten "Totenkrone" zu schmücken. Die Totenkrone sollte symbolisch die Vermählung darstellen, die ihnen im irdischen Leben versagt geblieben war. Die Totenkrone wurde vom Paten oder Patin des Verstorbenen gestiftet. Sie bestand aus einem Gerüst aus Weiden- oder Drahtgestell, dessen Ende nach oben spitz zu lief. Mit bunten Papierblumen, Glasperlen und Flittergold wurde das Flechtgestell ausgeschmückt. Beim Leichenzug wurde die Krone auf dem Sarg befestigt.



Flannerts



Den Abschluss der Begräbnisfeierlichkeiten bildete der Leichenschmaus, oder wie er im Odenwald genannt wurde, der "Flannerts". Das Wort "Flannerts" kommt vom Wort "flennen", was wiederum "weinen" bedeutet. Wenn es dem Verstorbenen zu Lebzeiten möglich war, hatte er für seine Totenfeier Geld angespart, um die zu seinen Ehren anwesenden Gäste üppig zu bewirten. Zum Flannerts wurde in das Totenhaus eingeladen. Zum Beginn des "Flannerts" wurde Kaffee und Kuchen, "Petzekuchen" genannt, gereicht. Der Petzekuchen bestand aus einem einfachen Hefeteig ohne weiteren Belag. Die Oberfläche des Kuchens wurde mittels Daumen und Zeigefingern gepetzt, d.h. verziert, so dass sich auf dem Kuchen Ornamente wie z.B. Blumen, Bäume, Rauten, Schnecken usw. wieder fanden. Heute ist der "Petzekuchen" durch Streusel- und Zimtkuchen abgelöst. Ging es bei Kaffee und Kuchen dem Anlass entsprechend zurückhaltend und ruhig zu, soll es zu fortgeschrittener Stunde, nach reichlichem Genuss von Wein, Bier und Schnaps auch schon mal zu recht deftigen Auswüchsen gekommen sein.

Trauerzeit



Die Totentrauer für nahe Angehörige erstreckte sich über ein ganzes Jahr. Tanzen und Teilnahme an Festlichkeiten waren untersagt.

Im Volksglauben wurde nach Vorzeichen gesucht, die Ereignisse von besonderer Bedeutung vorhersagen ließen. Diese Bedeutungen sind bis heute im Menschen tief verwurzelt.

Die Vorzeichen eines nahenden Todes



- Der Ruf des Steinkauzes, auch Todesvogel genannt, mit "Kiwitt".
- Der Ruf der Eule.
- Wenn Rübe, Bohnen oder Klee weiße Blätter treiben.
- Blüht der Obstbaum zweimal im gleichen Jahr, ist der Tod nicht weit.
- Der Molwert (Maulwurf) stößt unter der Dachtraufe.
- Ziehen die Pferde beim Leichenzug unterschiedlich an oder müssen sie ein weiteres Mal anziehen, liegt der nächste Trauerfall im Dorf sehr nah.
- Bleibt plötzlich im Haushalt die Uhr stehen, deutet dies auf den Tod eines nahen Angehörigen hin.