Kurzbeschreibung

Weinachten ist neben Ostern das bedeutendste christliche Fest im Kirchenjahr und wird das Fest der Liebe und des Friedens genannt. Das Weihnachtsfest ist die Krönung aller Feste im Jahresverlauf und wird im Odenwald von einigen Bräuchen begleitet.

Details

Bis zum päpstlichen Konzil von Nidäa 325 war der 6. Januar das Fest der "Ankunft des Herrn". Ausschlaggebend für die Neudatierung waren u.a. die heidnischen Bräuche der Wintersonnenwende bei den Römern, der Mittwinternacht bei den Germanen (auch Julfest genannt) und die Geburt des Horus nach ägyptischem Glauben. Am 25. Dezember wurde hier der Höhepunkt der länger werdenden Nächte gefeiert.

Die eigentliche Weihnachtszeit beginnt mit der Adventszeit und fällt mit dem Beginn des Kirchenjahres zusammen, dem 1. Adventsonntag. Das Wort Advent, lateinisch adventus, bedeutet Ankunft. Es umfasst die Zeitspanne der vier Sonntage vor Weihnachten. Diese Zeit dient der geistigen Vorbereitung auf die "Ankunft Christi". Sie wird auch als "Stille Zeit" bezeichnet. Die "Stille Zeit" war bei unseren Vorfahren Fastenzeit. Es war eine Zeit der Besinnung und der inneren Einkehr.

Fand das Weihnachtsfest zunächst nur in der Kirche statt, hat es sich mit der Zeit zunehmend als Fest in die Familie verlagert.

Das Christkind



In der stillen Zeit versammelt sich die Dorfjugend in den Odenwälder Dörfern um für das Weihnachtsfest das Christkind, in der Regel ein junges Mädchen, auszuwählen. Gleichzeitig werden dieser Gruppe junger Leute Personen ausgesucht, die das Christkind in bestimmten Gestalten, wie Stoppelgans und Mehlweibchen, begleiten. Aus Birkenzweigen wird eine Rute geflochten. Sie symbolisiert die Lebensrute, deren Berührung Glück und Gedeihen bringen soll. Mit dieser Rute und ihren Begleitern zieht das Christkind am Weihnachtsabend zu Fuß von Haus zu Haus. Am Heiligabend erwartet dann die Hausfrau das Christkind mit seinen Begleitern an der Haustür und übergibt diesen den Weihnachtsbaum und die Körbchen mit ihren Gaben. Gemeinsam betreten sie die "Gutt Stubb" und das Christkind lässt dabei eine hell klingende Glocke erschallen. Sagen die anwesenden Kinder Gedichte oder Gebete auf, erhalten sie als "Dankeschön" ihre Gaben in Form von Nüssen, Äpfeln, Gebäck und auch Süßigkeiten. An anderen Stellen im Odenwald geht das Christkind in Begleitung des Belznickel von Haus zu Haus. Er trägt einen Sack mit Gaben und schüttet den Inhalt vor den Kindern auf den Boden. Auch hier müssen die Kinder Gedichte oder Gebete aufsagen, um in den Genuss der Köstlichkeiten zu kommen.

Lebkuchen backen





Eine große Tradition, die im Odenwald heute noch Bestand hat, ist die Lebkuchenbäckerei. Die Lebkuchen, auch Honigbrot genannt, trug man in Weidenkörben von Haus zu Haus. Sie waren als Geschenke für die Kinder gedacht. So erhielten die Mädchen z.B. Lebkuchenpuppen und die Knaben Lebkuchenreiter als Geschenke von ihren Paten. Aber auch andere Gebildbrote, wie Hasen, Pferde, Vogelgestalten oder Zöpfe waren möglich. Um die Gebildbrote zu formen, gab es die Möglichkeit des Handformens oder das Einpressen des Teiges in selbst gefertigte Holzformen, Holzmodeln genannt. Diese waren zumeist aus Buchenholz. Nach zweimaligen Backen wird das Gebildbrot mit Zuckerguss verziert. Ähnlich wie der Lebkuchenteig wurde auch ein Anisteig in Holzmodeln gepresst, wobei die eingeschnitzten Motive sehr viel feiner ausgelegt waren und von ausgebildeten Holzschnitzern hergestellt wurden. Die Holzmodeln zeigten Motive wie Hirsch, Schwan, Springer oder auch verschiedene weibliche Figuren.

Die Klopfnächte



An den drei Donnerstagen vor Weihnachten ziehen bei Dunkelheit unterschiedlich verkleidete Gestalten durch die Straßen und Gassen der Dörfer. Sie lärmen und werfen Getreide oder kleine Steine gegen die Fenster. Der ursprüngliche Sinn dieses Brauches ist in vorchristlicher Zeit zu suchen, wo das Lärmen bei Nacht die Dämonen vertreiben sollte. Trotz des Verbotes durch die Obrigkeit blieb dieser Brauch sehr lange erhalten, wenn zwischenzeltich auch in etwas abgewandelter Form: Es klopften die Armen und Bedürftigen an die Fenster und erbettelten Almosen. Dieser Brauch wurde daraufhin als "Klöpfeln", "Klopferle" oder "Säckletag" bezeichnet.

Quempassingen



In der früheren Zeit zogen die Quempassänger und erzählten singend die Weihnachtsgeschichte. Dieser Brauch verlagerte sich schließlich in die Kirche. Beim Quempassingen bilden die Sänger und Sängerinnen vier Gruppen und verteilen sich möglichst im gesamten Raum der Kirche. Alle Lichter der Kirche sind gelöscht, mit Ausnahme der Kerzen, die die Sänger vor sich halten. Die erste Sängergruppe stimmte das Lied "Quem pastores laudavere" (Den die Hirten lobet sehr) an, was dem Quempassingen seinen Namen verlieh. Die zweite Gruppe löst die erste Gruppe ab. Dann setzt die dritte Gruppe und schließlich die vierte Gruppe ein. Dem Wechselgesang folgt ein gemeinsamer Teil, bis alle Strophen des Liedes gesungen sind. Zum Abschluss zünden alle Kirchenbesucher ihre vorbereiteten Kerzen an den Kerzen der Quempassänger an und tragen so ihr eigenes Weihnachtslicht nach Hause, um dort die Kerzen ihres Christbaumes zu entzünden.

In der Odenwälder Weihnachtstradition erscheinen vielfach Gestalten und Figuren von besonderer Bedeutung.

Belznickel



Belznickel wird vielfach auch einfach Nickel, Benznickel, Strohnickel, Storrnickel, Hörnernickel oder auch Knecht Ruprecht genannt. Der Belznickel ist eine männliche Gestalt mit langen, verfilzten Bart, die einen langen, dunklen, zerschlissenen Mantel trägt. Dieser wird um die Hüfte herum mit einem Strohseil oder einer Kette zusammen gehalten. Das Gesicht ist in der Regel geschwärzt. Auf seinem Haupt sitzt ein breitrandiger Schlapphut und die Füße stecken in derben Stiefeln. Der Rücken ist mit Stroh ausgestopft, so dass die Aufmachung dem Belznickel ein unheimliches Aussehen verleiht. Der Belznickel führt einen gefüllten Sack mit Äpfeln und Nüssen und eine Rute mit sich. Die Rute besteht aus Birkenreisig.



Christkind



Das Christkind, zumeist eine weibliche Gestalt, die aus der Gestalt der Frau "Holle", "Hulle" oder "Hulda" aus vorchristlicher Zeit hervorging. Das Christkind ist in ein weißes langes Gewand gekleidet. Das Gewand wird mit einer goldfarbenen Schnur zusammengehalten. Das Gesicht ist verschleiert oder mit einem Kranz, an dem bunte Bänder befestigt sind, bedeckt.

Nikolaus



Die Gestalt des Nikolaus beruht auf der Person des Bischof von Myra in Klein Asien, der heutigen Türkei. Bischof Nikolaus war für seine Wohltaten bekannt. Sein Todestag ist angeblich der 6. Dezember 342. Entsprechend dieser Herkunft tritt die Person des Nikolaus im Ornat eines Bischofs auf, mit Mitra als Kopfbedeckung und der "Pluviale" einem aus Seide bestehender Chormantel. Er führt einen Krummstab, den so genannten Hirtenstab, mit sich.

Schimmelreiter



Der Schimmelreiter tritt in Begleitung des Christkindes auf. Ein Bursche bekommt ein Gestell über die Schultern gehängt an dessen beiden Enden jeweils ein Mehlsieb befestigt ist. Am vorderen Sieb ist noch ein Pferde- oder Eselskopf angesetzt. Der Bursche wird samt Gestell mit einem weißen Bettlaken behängt, so dass nur noch der Kopf des Burschen und der Pferdekopf heraus schauen.

Stoppelgans



Die Stoppelgans, auch Strauthinkel oder Gumpf genannt, stellt eine Gans ohne Kopf dar. Eine junge gelenkige Person schlüpft mit den Füßen in die Ärmel eines langärmligen Nachthemdes. Der Kopf wird nach vorne gebeugt und auch die Hände schlüpfen in die Ärmel. Auf den Rücken wird ein Kopfkissen gelegt und das Hemd über dem Kissen zusammen gebunden.



Mehlweibchen



Das Mehlweibchen ist eine in einem weißen, langen Gewand gekleidete Person. Das Gewand wird mit einem Strick zusammen gehalten. Auf dem Rücken unter dem Gewand wird ein Brotkorb festgebunden. Als Kopfbedeckung trägt das Mehlweibchen ein weißes Kopftuch. Um das Gesicht weiß erscheinen zu lassen, wird dieses mit Wasser angefeuchtet. Dann bläst das Mehlweibchen mit geschlossenen Augen in einen Teller voller Mehl.

Die beiden folgenden Bräuche zum Weihnachtsfest sind wohl die am weitest verbreiteten im Odenwald - und der Rest der Welt.

Der Adventskranz



Für die Vorweihnachtszeit hat sich das Brauchtum des Adventkranzes entwickelt. Der Adventkranz dürfte wohl das bekannteste Symbol der Vorweihnachtszeit sein.
Dem Theologen Heinrich Wichern ist es zu verdanken, dass es den Brauch des Adventkranzes überhaupt gibt. Um 1850 kam Johann Heinrich Wichern auf die Idee, auf einem mit Tannengrün geschmückten Holzrad die Tage der Vorweihnachtszeit symbolisch mit Kerzen darzustellen. Mit jedem Tag der vorrückenden Vorweihnachtszeit wurde eine weitere Kerze entzündet. Die Sonntage wurden mit besonders großen Kerzen gekennzeichnet. In der Folgezeit blieben auf dem Adventkranz die vier sonntäglichen Kerzen übrig.

Der Weihnachtsbaum



Die Tradition des Weihnachtsbaumes nahm seinen Anfang im 17. Jahrhundert im Elsass. Die bunten Glaskugeln und Lichter, Lametta, Engelshaar kamen erst viel später hinzu. Vorläufer des Weihnachtsbaumes war ein immergrüner Zweig, der im Haus, an der Decke oder einem Türpfosten befestigt war, um die bösen Geister davon abzuhalten, das Haus zu betreten. Nachweislich erleuchtet der erste Weihnachtsbaum in Straßburg das Weihnachtsfest. Von dort aus trat er seinen Siegeszug rund um die Welt an.