Hüttenberger Tracht

Vorstellung

Die Region Hüttenberg war mit fruchtbaren Böden gesegnet. So konnten sich die Frauen im vergangenen Jahrhundert Kleider aus kostbaren Stoffen und prächtigen Bandbesätzen leisten.
Hüttenberg liegt zwischen den Städten Giessen, Butzbach und Wetzlar. Die Tracht wurde dort getragen bis August 2011, als die letzte echte Trachtenträgerin starb.

Anlässe zu denen besondere Varianten der Tracht getragen wurden:

  • Abendmahlstracht
  • Hochzeitstracht
  • Kirmestracht

Frauentracht

Frau in Hüttenberger Tracht
Frau in Hüttenberger Tracht
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Kopfbedeckung

Hüttenberger Tracht Maratz
Hüttenberger Tracht Maratz
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Werktags trugen die Frauen Kopftücher weiß-schwarz, oder blau bedruckt, oder dickere Wolltücher die meist kariert waren.

An den Festtagen wurden die Bandhaube oder Maratz getragen. Die Bandhaube bestand aus einem weißen dreiteiligen Leinenhäubchen, das mit schwarzen Seiden-, oder Moirèbändern umwickelt wurde. An der Maratz war zusätzlich noch eine Bandschleife an der Rückseite angebracht.

Zum Abendmahl trugen die Frauen eine sehr aufwendige Ziehhaube. Diese weiße gestärkte Haube bestand (abhängig vom Alter) aus feinem Baumwollbatist oder feiner Tüllspitze mit Stickereien. Sie wurde über das weiße Leinenhäubchen getragen. Ein weißes passendes Band schlang man so um die Haube, dass die Schlaufenenden über dem Rücken herunter fielen.

Haartracht

Hüttenberger Haartracht der Frau
Hüttenberger Haartracht der Frau
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Die Frisur war der s.g. Schnatz. Die Haare (Zopf) wurden dazu an der vorderen Kopfplatte zusammengelegt. Zur Aufwertung wurde durch die Zöpfe eine Haarnadel aus Horn, Bein oder Silber geführt.

Jacke

Hüttenberger Tracht Jacke
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Im Alltag trugen die Frauen eine Jacke aus strapazierfähigem Baumwollstoff, blau- oder schwarz bedruckt. Ebenso aus dem gleichen Stoff die dazu passende Schürze.

An Festtagen bestanden die Jacke aus Seide, Samt oder Brokat in den Farben grün, blau, lila, braun, grau und schwarz. Der Schnitt war sehr einfach im Gegensatz zu früher als noch der s.g. Knopfmotzen getragen wurde. Der Knopfmotzen wurde später nur noch zur Hochzeit oder zum Abendmahl angezogen.

Die Jacke wurde an den Ärmelbündchen mit Seiden-, oder Pressband und Spitze geschmückt. Dazu kamen noch Pailletten und Glasperlenschnüre, um den Glanz abzurunden.

Tücher

Tücher der Hüttenberger Tracht
Tücher
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  • Für den Halsausschnitt (Jacke) Dreieckstuch mit Spitze
  • Samttuch mit Blätterbesatz und Seidenfransen (Schultertuch)
  • Gemustertes Seidentuch mit passender Fransenborte
  • Alternativ große Seidenfransentücher in unterschiedlichen Ausführungen
  • Wollmusselintücher mit Rosenmuster oder bestickt.

Rock, Schürze

Hüttenberger Tracht Rock
Hüttenberger Tracht Rock
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Unterröcke im Bund in viele kleine Falten gelegt, die Länge je nach Ort zwischen 12 bis 18 cm mit Ausnahme des Bereichs, der von der Schürze abgedeckt wurde. Die Farben waren Grün, Blau, Wollweiss und bis zur Hochzeit auch Rot.

Oberröcke in der gleichen Machart wie die Unterröcke. Für Sonn-und Feiertage aus Halbtuch, Damentuch oder auch Samt in den Farben Grün, Blau, Lila, Braun, Grau und Schwarz. Röcke auch die Unterröcke wurden oberhalb des Rocksaumes mit Borten und Seidenbändern besetzt. Oberröcke wurden auch zusätzlich mit Pailletten und Glasperlenschnüren (siehe Jacken) verziert. Die Schürze war aus gleichfarbigem Stoff wie der Motzen. Um die Jahrhundertwende wurden auch die Schürzen mit passenden Borten seitlich besetzt. Die Schürze war geringfügig kürzer als der Rock, damit der Rockbesatz noch zur Geltung kam. Der Schürzenbund war in der Mitte glatt gehalten und an den Seitenteilen in geringer Anzahl in Falten gelegt. Zu der Festtagskleidung gehörten auch das prächtige Schürzenband und der Brustschlupp. Das Schürzenband war in Hüttenberg ein aufwendiges Zierstück aus breitem Seiden-, Presssamt-, oder Moirèband mit Silberfransen und Paillettenstickerei, das nur gelegt und gesteckt, nicht gebunden wurde. Der passende Brustschlupp wurde ebenfalls im Schulterbereich gesteckt.

Hemd, Leibchen

Weißes Unterhemd, knielang, in T-Form geschnitten, aus Leinen oder Baumwolle. Die Ärmellänge konnte unterschiedlich sein, meistens wurden sie bis zum Ellenbogen aufgeschlagen. Für Festtage reichlich bestickt im Schulterbereich, auch im Ausschnitt.

Darüber wurde ein Schnürleibchen aus Tuch oder Samt getragen. Am Leibchen wurde ein sehr dicker Wulst angebracht zum Halt der schweren Röcke. Einige Frauen trugen unter dem Leibchen einen Kragen. Den Kragen legte man über die Schultern und verdeckte mit den vorderen Enden den Brustausschnitt des Leibchens. Am Halsausschnitt befand sich ein Stehbund. Aufwendig gearbeitete Kragen gehörten früher zur Sonn-und Feiertagskleidung.

Unterwäsche

Weiße, lange Unterhose mit Spitzenbesatz.

Strümpfe, Schuhe

Gestrickte schwarze oder für junge Frauen blaue Strümpfe mit Zwickel. Früher gab es diese auch mit einem weißen Zwickel. Dazu trugen die Frauen s.g. Kommodenschuhe oder schwarze Lederschuhe mit Samtbesatz. An Festtagen oder zur Hochzeit wurden die Schuhe mit einem Schuhschlupp verziert.

Männertracht

Mann in Hüttenberger Tracht
Mann in Hüttenberger Tracht
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Kopfbedeckung

Hüttenberger Tracht Kopfbedeckung
Hüttenberger Tracht Kopfbedeckung
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Früher trugen die Männer bei feierlichen Anlässen den Dreispitz, welcher so ab 1880 vom Zylinder abgelöst wurde.

Getragen wurde auch abends zum Gang ins Wirtshaus das sogenannte Mäsje. Es war aus Samt bestickt oder mit Perlen besetzt. Burschen und Knaben trugen außerdem Pelzmützen (ähnlich denen in der Schwalm). Diese Pelzmützen hatten einen hellen Pelzrand, die Kappe selbst war aus grünem Samt oder Tuch mit aufgesetzten Goldlitzen. Auch gab es diese Mützen ganz aus schwarzem Fell.
Verbreitet war auch die Zipfelmütze, welche aus hellem Garn, sehr lang, mit einer Quaste am Ende verziert und mit Musterstreifen gestrickt war.

Jacke, Weste

Hüttenberger Tracht Weste
Hüttenberger Tracht Weste
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Jüngere Männer trugen taillierte, kurze, dunkelblaue, zweireihig geknöpfte Jacken. Es gab auch welche in der gleichen Art bis zur Hüfte.

Früher trug man über dem Hemd eine ärmellose Weste, oft auch zwei. Wobei dann die erste aus Waschstoff war, eng anliegend und vorne herunter endgeknöpft. Darüber kam dann eine blaue Tuchweste oder aus Atlasseide, bestickt mit Stehkragen und zweireihig geknöpft. Später gab es auch ganz Schwarze einreihig geknöpfte Westen.

Mantel, Kittel

Bis cirka 1880 trug man den sogenannten Kirchenrock aus dunkelblauem Tuch mit Steh-, oder auch Umlegekragen. Dieser wurde dann vom schwarzen Gehrock abgelöst.

Der Kittel war das üblichste Kleidungsstück der Männer. Ganz früher weiß bis an die Knie, später blau bis auf den halben Oberschenkel und mit schwarzer Stickerei an Schultern und Ärmelbündchen.

Halstuch

Getragen wurde für besondere Anlässe ein schwarzes großes Seidentuch welches unter den Hemdkragen gebunden wurde. Später wurde dieses durch eine schwarze Fliege oder Krawatte ersetzt. Werktags trug man ein blaues oder rotes Tuch.

Hose, Hosenträger

Hüttenberger Tracht Hose
Hüttenberger Tracht Hose
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In früher Zeit trug man sogenannte Kniehosen aus Leinen (weiß für besondere Anlässe und blau zur Arbeit), schwarzem Manchestersamt oder Leder. Diese Hosen wurden unten mittels fünf Knöpfen und einer Metallschnalle geschlossen. Außerdem gab es noch sogenannte Wickelhosen bei denen man die Strümpfe darüber zog und mit dem Strumpfbendel befestigt.

Später, so Ende des 19. Jahrhunderts, kamen dann die langen Hosen auf. Für besondere Anlässe schwarze Tuchhosen, für werktags Manchesterhosen.

Hosenträger kamen erst zu den langen Hosen auf. Für Festtage und Kirmes waren sie mit Gobelinstickerei verziert.

Hemd

Das Hemd war aus Leinen, knielang, an Schulter und Ärmelbüdchen fein eingelesen und bestickt. Entweder mit Umlegekragen oder mit Stehkragen.

Strümpfe, Schuhe

Hüttenberger Tracht Schuhe
Hüttenberger Tracht Schuhe
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Zu den Kniehosen trug man gestrickte Strümpfe, weiß oder naturfarben, für zeremonielle Anlässe schwarz.

Der Schuh zur Kniehose war ein flacher lederner Schnallenschuh. Besonderer Schmuck war die große viereckige Messingschnalle mit Rosettenmuster und Kupfereinlage.

Quellenverzeichnis

  • Johann, Elisabeth: Trachten in der Wetterau. Wetterauer Zeitung. S. 194–195.
  • Lücking, Wolf; Hofmann, Eckhard; Homberger, Jürgen (2009): Tagewerk und Abendmahl – Hessische Trachten. Hessische Vereinigung für Tanz- und Trachtenpflege. S. 20-22.

Literaturempfehlungen

  • Johann, Elisabeth: Trachten in der Wetterau. Wetterauer Zeitung. ISBN 3-924145-17-2
  • Lücking, Wolf; Hofmann, Eckhard; Homberger, Jürgen (2009): Tagewerk und Abendmahl – Hessische Trachten. Hessische Vereinigung für Tanz- und Trachtenpflege. ISBN 978-3-9802466-9-9. kaufen
  • Miehe, Brunhilde: Der Tracht treu geblieben. Verlag Brunhilde Miehe, Haunetal/Wehrda. ISBN 3-9801197-7-7
  • Luh, Wilhelm (1927): Hessische Blätter der Volkskunde. Die Hüttenberger Frauentracht, Gießen.
  • Johann, Elisabeth (1984): Trachten in Hüttenberg und Wetterau – Alltag und Festtag auf dem Lande, Begleitschrift und Katalog zur Sonderausstellung des Butzbacher Museums im Sommer 1984, Museum in der Michaeliskapelle

HVT-Gruppen mit Hüttenberger Tracht

Günter Weber

Trachtengruppe des Heimat und Backhausverein 1982 Kirch-Göns e.V.
Günter Weber
agu_weber@web.de
www.heimatundbackhausverein.kirch-goens.de/

Helmut Faber

Heimatkundlicher Arbeitskreis Linden 1990 e.V.
Helmut Faber
helmutfaber@t-online.de

Wilfried Opper

Oberhessische Volkstanz- und Trachtengruppe Leihgestern
Wilfried Opper
wh@opper-online.de

Georg Erhardt

Vokstanz- und Trachtengruppe Watzenborn-Steinberg der Heimatvereinigung Schiffenberg e.V.
Georg Erhardt
g.j.erhardt@web.de
www.hv-schiffenberg.de

Fotogalerie

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