Vorstellung
Die Eibacher Tracht war eine zwar schlichte, doch sehr schöne, wirklich einmalige Volkstracht. In unserem Dorf wurde bereits in den ersten Jahrzehnten des zwanzigsten Jahrhunderts keine Tracht mehr getragen. Reste der Tracht fanden sich noch längere Zeit danach in Kisten und Kasten, Schubladen und Kommoden. Die fast unbegrenzt haltbaren Stoffe erwiesen sich vor allem während der Notjahre der großen Kriege als äußerst wertvoll. Ihr Typus war durch die „Mutsche“, die recht augenfällig markierte Kopfbedeckung, gekennzeichnet.
Frauentracht
Kopfbedeckung (,,Mutsche un Niwwelkapp“)
Die „Mutsche“ zeigte den Typus der Eibacher Tracht. Offensichtlich bildete sie den alltäglichen Kopfputz der Frauen, während die „Niwwelkapp“, stets über der Mutsche getragen, für Feiertag und Kirchgang vorbehalten blieb. Beide waren von gleichem Stoff, gleicher Größe und fast gleichem Aussehen. Eine solche Mutsche war von schlichter Rundung, gerade groß genug, den „Dotz“ (Haarknoten) und das Stirnhaar zu verdecken, und aus zwei Teilen zusammengesetzt – einem Boden in Gestalt eines breitbogigen Hufeisens und einem länglichen Kopfstück mit abgerundeten Schläfenecken. Der Boden der Mutsche zeigte auf seinem hellen, einfachen Waffelmuster meist nur eine Blume, während der Mutschenrand in seiner Lochstickerei stets drei Blumen aufwies. Um den Mutschenrand legte sich, die drei Blumen halb verdeckend, ein doppeltes, oft schön gemustertes Band, das hinten zu einem großen zweiflügeligen „Schlupp“ gebunden und fest angeheftet war. Dadurch war auch das schmale weiße Zugband nicht zu sehen, mit dem man die Weite des Bodens verstellen konnte. Zwei Bänder an den Wangenenden dienten zum Verschlaufen unter dem Kinn. Die Mutsche, richtig aufgesetzt, verdeckte stets alles Stirnhaar. Die Mädchen trugen an der Mutsche stets blaue Bänder mit roten Blumen in der Lochstickerei und die älteren Frauen beides in Schwarz. Die „Niwwelkapp“ hatte als auffallendstes Kennzeichen gegenüber der Mutsche drei Blumen (statt einer) im Boden und eine etwas andere Linienführung im Schnitt des vorderen Randes. Während bei der Mutsche der Rand genau über der Stirn einen kleinen Bogen nach unten beschrieb (Stirnschniepe), verlief der Rand bei der Niwwelkapp in gleichmäßigem, etwas höherem Bogen von Schläfe zu Schläfe und ließ so die Mutsche, die ja stets unter der Niwwelkapp getragen wurde , vorn gut fingerbreit herausschauen.
Haartracht
Bei den Frauen, die Tracht trugen, unterschied man „Dotz“ (Knoten) und „Schnatz“ (Nest). Der Dotz, der die Mutsche trug, saß mitten auf dem Kopf, der Schnatz saß am Hinterkopf. Die Mädchen und auch einige jüngere Frauen, die noch nicht regelmäßig eine Kopfbedeckung und somit keine Mutsche trugen, flochten meist ihr Haar zu einem Schnatz. Sie kämmten zunächst das Haar nach hinten, flochten es zu einem Zopf, legten diesen dann spiralförmig zusammen und befestigten den Schnatz mit einer Anzahl Haarnadeln fest am Hinterkopf. Oft steckte man auch noch eine größere Ziernadel oder eine Haarspange quer durch den Schnatz. Der Schnatz war flacher als der Dotz.
Halskette (Nestern)
Die Halskette lag eng um den Hals. Die einzelnen Perlen, aus verschiedenem Material bestehend, waren auf 12 bis 18 schwarze Fäden aufgereiht und diese Schnüre mit ihren Enden an den zwei kleinen, schmalen „Nesternkissen“ angenäht. Mit kleinen Haken und Ösen an den Kisschen wurden die Nestern in der „Anke“ (im Nacken) befestigt. Zwei breite, doppelte Nesternbänder, die an den Kisschen angenäht waren, verdeckten den Nesternverschluss und hingen über den Rücken hinab. Werktags trug man „hiere“ (kleine, dünne) Nestern in Schwarz, Weiß, Blau oder Grau, sonntags waren es dickere, sogenannte „Atlasperlen“.
Hemd (Himd)
Die Hemden aus „hausmachenem“ Leinen waren in zwei Teilen und jedes aus verschiedenem Tuch gefertigt und dann aneinandergenäht. Zum Rumpf, der etwa von der Taille abwärts reichte, verwandte man ein sehr raues „Wirkeduch“. Der Saum und auch der obere Rand des Rumpfes war „Sellwinn“ (Webkante). Das Schulterteil, auch „Owerhimd“ genannt, war aus feinem „Fleeseduch“ (Flachstuch) geschnitten, und zwar in einem Stück. Der etwa quadratische Stoff wurde einmal gefaltet, und aus der Bruchfalte schnitt man den runden Halsausschnitt mit einem kurzen Brustschlitz heraus, während die Bruchlinie links und rechts dieses Ausschnitts zugleich die Ärmeloberkanten bildete. Die dreiviertellangen Ärmel erhielten gleichmäßige Weite, aber unter den Achseln setzte man Keile ein, damit die Ärmellöcher weiter und bequemer wurden. Das Halsbündchen bestickte man mit Jahreszahl und Namen nebst kleinen Sticke reien als Verzierung in roter Farbe. Der Schlitz konnte mit Knopf und Schlinke oder auch mit „Binneln“ (Bändchen) geschlossen werden.
Leibchen (Leibche)
Das Leibchen ließ mit seinem tiefen, bogigen Ausschnitt und den weit nach hinten gehenden Armlöchern selbst bei stärkster Bewegung keine Spannung entstehen. Der zu ihm verwandte Samt, bei älteren Leuten meist schwarz und bei jüngeren etwas heller und bunter, war mit Leinen gefüttert und zeigte vielfältige Stickereien und eine Vielzahl von aufgenähten Glasperlchen an Säumen und Rändern. Es wurde mit 3 Knöpfen vorn geschlossen und war in Taillenhöhe mit seinem unteren Rand am Rockbund angenäht.
Rock
Der Rock wurde aus besonders schwerem, schwarzem, „hausmachenem“ Tuch zugeschnitten. Es bestand zwar aus Leinen, war aber reichlich mit Wolle eingeschlagen. Durch fünf Stoffbahnen bekam der Rock eine beachtliche Weite. Im Bund wurde diese in eine Unzahl kleiner, enger Falten gelesen. Die Falten gingen nicht durch den ganzen Rock hinunter, sondern bildeten, ungefähr 20 cm unter dem Bund durch eine kaum sichtbare Einlesenaht noch einmal gehalten, weiter abwärts einen natürlichen Faltenfluss. Alle Röcke hatten links einen Schlitz und rechts innen einen „Sack“ (Tasche).
Vortüchlein und Schultertuch (Veerdichele un Schellerduch)
Die Vortüchlein, auch Unterschnürtüchlein genannt, kann man sich gar nicht schön genug vorstellen. Alle nur erdenklichen Muster und Farben waren zu sehen. Die älteren Frauen werden gedecktere Töne bevorzugt haben. Der Name „Unterschnürtuch“ erinnert an eine Zeit, in der die Leibchen, die ja stets über diesen Tüchlein getragen wurden, vor der Brust wirklich noch „geschnürt“ wurden. Beim Ankleiden legte man das Tuch als Dreiecktuch von hinten über die Schultern unter das Leibchen, und zwar so, dass die bunten Fransen auf den Schultern über den weißen Hemdärmeln „rausbiebten“ und die Zipfel im Brustausschnitt des Leibchens kreuzweise eingesteckt wurden. Zum Abendmahl erschien die Frau mit einem Schultertuch aus weißem Batist oder Mull mit weißer Stickerei. Das Tuch, in Form eines Dreiecks mit zwei Spitzen und einem rechten Winkel gearbeitet, wurde so um die Schultern gelegt, dass es mit seiner rechtwinkligen Spitze den Rücken bedeckte. Bei Beerdigungen trug die Frau über diesem hellen Tuch ein zweites dreieckiges Tuch, und zwar aus tiefem Schwarz in schöner Häkelarbeit.
Schürze (Schirze)
Die Schürze war etwas kürzer als der Rock, ging aber in ihrer Breite über die Hüften hinaus. Sie war aus hausmachenem Stoff oder aus Kattun gefertigt bedruckt. Sie zeigte auf dunklem Grund links grüne und rechts blaue Musterehen. Die jungen Leute taten das Grüne nach außen und die älteren das Blaue. Die „Schirzebinneln“ (Schürzenbänder) waren sehr lang: drei und eine halbe Elle Band, doppelt gelegt und durchgeschnitten. In Breite, Farbe und Stoff waren sie sehr unterschiedlich. Man trug welche aus Samt und auch aus Seide und in allen Farben und Mustern, bald rot, grün und blau, bald in allen nur möglichen Schattierungen und stets blumig gemustert. Beim „Umbinden“ (Anlegen) der Schürze kreuzte man die Bänder im Rücken, nahm sie in etwas schräger Richtung nach vorn und verschleifte sie hier so, dass der Schlupp noch gut zu sehen war.
Ärmeljäckchen (Metzchen)
Dieses Jäckchen zog man nur zum Ausgehen oder zu festlichen Anlässen und zu Beerdigungen an. Es bestand werktags aus dunkelgrundigem Stoff mit winzig kleinen Mustern bedruckt, meist Pünktchen, und sonntags aus schwarzem Wollentuch. Es hatte den gleichen Schnitt wie das Leibchen, war aber zudem mit Ärmeln, kurzem Schoß und Gürtelband ausgestattet und ebenfalls mit Leinen abgefüttert.
Die reichliche obere Weite der Ärmel war durch enge Fältchen vermindert und die untere Enge über der Handwurzel durch ein knapp fingerlanges Schlitzehen mit Knopfverschluss passierbar gemacht.
Das „Wintermetzchen“ war denen aus „Leins“ ähnlich, jedoch aus Wolle in „Reibeisenmuster“ gestrickt.
Strümpfe (Hosse)
Die Strümpfe der Frauen strickte man aus hausmachener Schafwolle in „Eibacher Blau“. Der Füßling zeigte eine weiße Spitze, und auch die Länge hatte an ihrem oberen Teil einen handbreiten, hellen Rand, in den allerlei Muster und Borten eingestrickt waren. Der Rand schloss mit elastischen senkrechten Rippen. Die Strümpfe wurden mit „Hossebinneln“ (Strumpfbändchen), farbigen fingerbreiten Leinenbändchen, unter den Knien gebunden.
Schuhe (Schou)
Über die Schuhe, die zur Tracht getragen wurden, ist nichts Besonderes bekannt. In Stall und Feld trug man derbe Arbeitsschuhe. Sie waren über viele Jahrzehnte per Hand und anfangs noch auf dem selben Leisten gearbeitet, sie waren also einleistig. Die „goure“ (guten) Sonntagsschuhe waren nicht so schwer und am oberen Rand umlaufend mit einem schwarzen Samtbändchen eingefasst.
Männertracht
Von einer „Tracht“ der Männer (Mannsleu) konnte bereits Ende des 19. Jahrhunderts schon nicht mehr die Rede sein.
Der als charakteristisch geltende sogenannte Blaue Kittel wurde eigentlich nur feiertags getragen. Er bestand aus blauem Leinen, wurde über den Kopf gezogen und reichte bis an die Oberschenkel hinab. Weil er beidseitig getragen werden sollte, war er innen und außen verziert mit Zwirnstickerei in weiß und in schwarz, und zwar am Halsbündchen, auf den Schultern, an den Ärmeln und am Schlitz. Der Kittel und auch seine langen Ärmel hatten eine reichliche Weite, die durch gezogene Fältchen am Schulterteil und an den Bündchen gehalten wurde. Zum Kittel gehörten ein rotes Halstuch und eine Kappe mit Schirmehen.
Die Hose (Boggse) für den Winter war aus dunkel gefärbtem Leinen mit Wolle eingeschlagen, die Sommerhose aus purem Leinen.
Werktags trug man „eisefestern“ Jacken und wollene „Kammeseelcher“ (Kamisol: kurze Joppe, Wams) mit zwei langen Knopfreihen.
Lediglich die damaligen Hemden dürften in Schnitt und Verzierung noch an eine Zeit erinnern, in der auch die Tracht der Männer entsprechend der weiblichen Tracht einen dorfeigenen Typus zeigte und ebenso schön und einmalig war.
Quellenverzeichnis
- Kunz, Eugen (2002): Die Eibacher Tracht und das Dorf in seiner Zeit. Heimatverein Eibach.
Literaturempfehlungen
- Kunz, Eugen (2002). Die Eibacher Tracht und das Dorf in seiner Zeit. Heimatverein Eibach.
HVT-Gruppen mit Eibacher Tracht
Derzeitig tragen leider keine Mitgliedsgruppen der HVT die Eibacher Tracht. Wie werde ich HVT-Mitglied?